Mansura Eseddin - Hinter dem Paradies

Unionsverlag - ISBN: 9783293004344
Umschlaginnenseite:
"Im 'Weißen Haus', in einem Dorf im Nildelta, sind Gamila und Salma gemeinsam aufgewachsen. Heute kommt Gamila als Studentin im kurzen, schwarzen Kleidchen daher und trägt Taschen von Louis Vuitton. Salma, die Journalistin, führt ein bürgerliches Leben und will aus der Enge ihrer gescheiterten Ehe ins Schreiben flüchten.Inmitten ihrer Lebenskrise fasst Salma den Entschluss, ihre Familiengeschichte zu schreiben. Sie kehrt zurück ins Weiße Haus. Dort ist es still geworden. Nur Mutter und Tante sitzen noch auf der Veranda und tuscheln. Früher war dieses Haus eine Bühne für die Kämpfe und Dramen der weit verzweigten Fabrikantenfamilie, ihrer Dienstboten und Arbeiter. Die Ziegelfabrik machte die Familie reicht, die Umwälzungen des Landes ruinierten sie wieder.Salma vergräbt sich im Zimmer, das einst ihr Kinderzimmer war. Tausend Geschichten, die in diesem Haus und in den nahen Dörfern spielten, steigen in ihr auf. Zuletzt dringt sie vor zu jenen Ereignissen, durch die sie und ihre engste Freundin Gamila auf immer in Schuld verstrickt sind."







Ein Jahr nach dem Tod ihres Vaters kehrt Salma zurück in ihr Elternhaus in einem ägyptischen Dorf im Nildelta und lässt ihr Leben Revue passieren. Auf nur 185 Seiten hat der Leser die Möglichkeit das Ägypten jenseits der touristischen Strömungen kennenzulernen. 
Ein Ägypten in welchem sich Aberglaube und Michael Jackson die Hand reichen. Anschaulich wird die Zerrissenheit zwischen Tradition und Moderne, zwischen Patriarchat und Emanzipation dargestellt. Denn obwohl das Land am Nil eine von Männern dominierte Welt ist, ziehen die Frauen im Hintergrund die Fäden. Und diese Fäden meinen es nicht immer gut mit dem selben Geschlecht, sind doch das Ansehen im Dorf und die Traditionen wichtiger als das Glück eines Individuums. 

In diesem Roman werden Tabus angesprochen, wie zum Beispiel die Tante, die so verkrampft, und mit Angst vor dem Mann, in die Ehe geht, dass sie diese als Jungfrau wieder verlässt. 
Oder wie die Familie versucht zu verheimlichen, dass eine andere Tante den Freitod wählte, da sie unverheiratet schwanger wurde. Umstände, die in einem europäischen Leser des 21. Jahrhunderts höchstens ein Schulterzucken entlocken, in Ägypten aber noch an der Tagesordnung sind. 

Der Roman ist kurz geraten, für meinen Geschmack fast zu kurz. Ein paar Seiten mehr hätten dem Leser tiefere Einblicke in ein gespaltenes Land gewährt. Land und Leser hätten es verdient. 

Mansura Eseddin, oder auch Mansoura Ez-Eldin, wurde 1976 in einem Dorf im Nildelta geboren und studierte Journalismus in Kairo.
2009 wurde sie in Beiraut auf dem Hay Literaturfestival als einzige Frau für den "International Prize for Arabic Fiction" nominiert. 


Kommentare

barbara rath hat gesagt…
...ich fasse deine Rezension als Empfehlung auf und gebe sie gern weiter an meine Ma, die so froh ist, mit immerhin 75 Jahren die Pyramiden "noch" gesehen zu haben, wie man als nicht mehr junger Mensch so gern bei späten Entdeckungen sagt.
Genau die Zerrissenheit, die du beschreibst, hat auch sie bei ihrer kurzen Reise beobachtet und empfunden. Daher bin ich sicher: Über das Geburtstagsgeschenk (übermorgen!) wird sie sich riesig freuen. Danke für den Tipp just in Time!
LG
Barbara
Isabelle hat gesagt…
Das richtige Buch zur richtigen Zeit. Jetzt weiß, wie dieser Spruch zu Stande gekommen ist.
Du darfst meine Rezension als Empfehlung auffassen und bin gespannt auf die Eindrücke deiner Ma.
Ich wünsche einen schönen Geburtstag.
barbara rath hat gesagt…
Danke. Werde ich weiterleiten und wenn sie gelesen hat, denke ich hoffentlich daran, dir das Echo mitzuteilen. Bin manchmal etwas vergesslich diesbezüglich. Das Alter, du weißt schon...
Isabelle hat gesagt…
Da hilft es einfach, öfter hier vorbei zu schauen, dann fällt es dir wieder ein nach dem Echo zu fragen. Vielleicht schildert sie dir ja auch ungefragt ihre Eindrücke